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Testamentsvollstreckung nach deutschem Recht trifft auf die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO)
25. Februar 2020Gründe für die Anordnung einer Testamentsvollstreckung mit letztwilliger Verfügung können in den individuellen Eigenschaften einer Erbengemeinschaft, aber auch in dem Bestand des Nachlassvermögens liegen.
Immer dort, wo mehrere Personen zu Erben bestimmt sind, treffen unter Umständen gegensätzliche Interessen aufeinander, welche die Erfüllung des Erblasserwillens erschweren. In diesen Fällen hat sich die Ernennung eines Testamentsvollstreckers nach § 2197 BGB durch den Testierer und damit die Abwicklung des Nachlasses in einer Hand bewährt. Befinden sich zudem Nachlasswerte desselben Nachlasses in mehreren Staaten, liegt also ein sogenannter grenzüberschreitender Nachlass vor, wird schon das Erfordernis besonderer Sachkenntnisse die Ernennung eines kompetenten Testamentsvollstreckers erzwingen, dessen umfassenden Befugnisse nach deutschem Recht sich seit Inkrafttreten der EuErbVO unter bestimmten Umständen in den teilnehmenden Staaten der Europäischen Union (EU) entfalten können.
Die EuErbVO, deren Intention die rechtseinheitliche Abwicklung von Nachlässen ist, findet Anwendung für Erbfälle seit dem 17.8.2015 in allen Staaten der EU mit Ausnahme von Dänemark, Irland und natürlich Großbritannien. Galt bisher für den Bürger der Bundesrepublik Deutschland das Staatsangehörigkeitsprinzip und damit im Erbfalle grundsätzlich deutsches Recht, so findet unter der EuErbVO das Erbrecht des Staates Anwendung, in dem der Verstorbene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die Mobilität der heutigen Gesellschaft (Grenzgänger, Arbeitsplatz in Österreich, Lebensabend in Spanien) und vor allem mögliche Auseinandersetzungen im Erbfalle um maßgebliche Kriterien für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltes lassen es angeraten sein, die Möglichkeit der Rechtswahl nach der EuErbVO zu nutzen, um die Anwendung deutschen Erbrechts jedem Streit zu entziehen und die umfassenden Befugnisse des Testamentsvollstreckers nach deutschem Recht, die in anderen Rechtsordnungen häufig Einschränkungen erfahren, grundsätzlich sicherzustellen.
Gleichwohl sind Konflikte mit nationalem Erbrecht im Einzelfall nicht gänzlich auszuschließen, so dass in der Beratung über die Testamentsgestaltung in Länder übergreifenden Erbfällen die infrage kommenden Rechtsordnungen und die Möglichkeiten konfliktfreier Gestaltung festzustellen sind. Sofern Nachlässe betroffen sind, die teilweise oder gänzlich außerhalb des unmittelbaren Geltungsbereiches der EuErbVO liegen, wird zu prüfen sein, inwieweit die betroffenen Rechtsordnungen die EuErbVO dennoch Geltung hat und wie erforderlichenfalls dem Willen des Erblassers durch Vollmachten, die über den Tod hinaus Geltung beanspruchen ( sog. postmortale Vollmachten), Auflagen und Bedingungen zu Lasten der Erbengemeinschaft nach einer Abwicklung des Nachlasses in einer kompetenten Hand Rechnung getragen werden kann. Gerne wirken wir bei der Gestaltung Ihrer letztwilligen Verfügungen mit und sind auch gerne bereit, ihr bereits errichtetes (gemeinschaftliche) Testament oder ihren Erbvertrag mit den Anforderungen der Europäischen Erbrechtsverordnung abzugleichen und erforderlichenfalls Änderungen und Ergänzungen vorzuschlagen.